Am Anfang war das Feigenblatt: Womit Adam und Eva einst schamhaft Ihre Blöße bedeckten, hüllt auch Nicole Vilo Ihre Klientinnen ein. Aus Blättern tropischer Bäume und dem Pelz der Kokospalmen kreiert die Modeschöpferin aus Martinique Haute Couture in höchster Perfektion. Den Apfel der Erkenntnis dazu lieferte ihr kleiner Sohn.

Bernhard Grdseloff
In Sachen Mode war die Kreolin ein völlig unbeschriebenes Blatt. “Ich stellte zu Hause Dekorationsgestecke aus getrockneten Blättern und Blumen her,” erzählt sie. “Eines Tages setzte sich mein kleiner Sohn eines davon auf den Kopf und posierte vor dem Spiegel, so kam mir die Idee.”

Doch zur Haute Couture war es noch ein weiter Weg. Erst produzierte Vilo nur Hüte, dann begann sie, Kleider zu machen. Die Theorie lieferte eine dreimonatige Ausbildung auf einer Pariser Modeschule. Der Rest kommt aus der Intuition der Künstlerin – und aus der Natur.

“Ich experimentiere ständig mit neuem Material”, sagt die Modemacherin. “Am besten eignet sich der Pelz der Kokospalme, der den Blattansatz umhüllt.” Ein langwieriger Verarbeitungsprozess verwandelt die rauhen, steifen Fasernetze: die Schichten werden getrennt, harte Fasern einzeln herausgezogen bis alles fein und weich ist.

Daraus entstehen dann vor allem Bustiers: Oberteile, an die weite Röcke aus Stoff im kreolischen Stil anschließen. Aber auch ausschließlich aus Palmenpelz gefertigte Hochzeitskleider verließen schon das Atelier in Sainte Anne. “Die Maserung und Beschaffenheit sind maßgeblich für die Optik des Endprodukts”, verrät Vilo. “Es handelt sich ja um ein lebendes Material wie Holz oder Pelz.”

Mit Pelzen vergleichbar sind jedenfalls die Preise: Ab 1000 Euro kosten die Blätterroben in Vilos Boutique im Chateau Gaillard bei Trois Ilets. “Dafür muss aber keine Palme ihr Leben lassen”, sagt die Modemacherin, die sich in Zukunft noch mehr dem Baströckchen widmen möchte: “Als nächstes schaffe ich eine neue Damenkollektion im polynesischen Stil.”